Hüftdysplasie
Die Hüftdysplasie ist die häufigste angeborene Erkrankung des Bewegungsapparates und betrifft in unseren Breiten ca 2-4% aller Neugeborenen. Risikofaktoren sind eine Beckenend- oder Steißlage, eine familiäre Belastung mit Hüftdysplasie oder mit Fußfehlstellungen. In ca 50% kann kein Risikofaktor identifiziert werden. Dabei ist die Pfanne des Hüftgelenkes einseitig oder beidseitig zu flach und der Hüftkopf findet somit in dieser keinen ausreichenden Kontakt. Dies kann verschiedene Schweregrade bis hin zum „Herausspringen“ des Hüftkopfes (Luxation) aus der Pfanne umfassen. In früherer Zeit fielen diese Kinder erst durch ein Hinken beim Gehen oder manchmal auch durch Schmerzen auf. Dies hat bei allen Kindern zu großen Operationen am Hüftgelenk geführt. Häufig mußten die Kinder während des Wachstums öfters operiert werden und bereits im sehr jungen Erwachsenenalter wurde die Implantation von Kunstgelenken notwendig. Durch die Einführung der Ultraschalluntersuchung im Neugeborenenalter kann heute bereits beim Neugeborenen mit einer Behandlung begonnen werden. Dabei befindet sich das Baby in Seitlage, die Untersuchung ist nicht belastend und kann jederzeit wiederholt werden. Zusätzlich wird das Baby auch noch orthopädisch untersucht, insbesondere die Hüftgelenksbeweglichkeit.
Der Therapieerfolg hängt einerseits von der korrekten Diagnose und andererseits von der korrekten Therapiemethode und der richtigen Beurteilung des Therapiefortganges im Ultraschall maßgeblich ab. Daher sollte die Behandlung und Nachkontrolle immer von kinderorthopädisch geschulten Orthopäden gemacht werden. Meistens kann mit einer sogenannten Abspreizbehandlung mittels der Tübinger-Schiene das Auslangen gefunden werden, nur selten ist ein Becken-Bein-Gips in Sitz-Hock-Stellung notwendig. Bei sofortiger korrekter Behandlung kann fast immer ohne Operation ein völlig normaler Hüftbefund innerhalb weniger Wochen erreicht werden.

Nach der Ausheilung der Erkrankung müssen routinemäßig weitere Kontrollen stattfinden, da selten eine Störung der Störung der Wachstumsfuge der Hüftpfanne besteht, die mit zunehmendem Wachstum zu einer sogenannten Spätdysplasie führen kann. Daher sollte ein Röntgenbild zu den großen Wachstumsphasen gemacht werden ( nach Laufbeginn im Alter von ca. 1,5 Jahren, kurz vor der Einschulung und zu Beginn der Pubertät).
V.a. bei neurologischen Erkrankungen, insbesondere spastischen Bewegungsstörungen, besteht eine sekundäre Hüftdyplasie. Diese können mit konservativen Maßnahmen, wie Physiotherapie, Schienenversorgung (Hüftorthesen) oder Botox-Injektionen behandelt werden. Häufig sind allerdings auch operative Maßnahmen notwendig. Diese richten sich nach dem Schweregrad, der Grunderkrankung und auch dem Lebensalter. Oft sind kombinierte Eingriffe mittels knöchernen Korrekturen am Oberschenkel und/oder Beckenknochen mit Weichteileingriffen (Sehnenverlängerungen oder -Verlagerungen) notwendig.

Nach Abschluß des Wachstums kann beim schmerzhaften Hüftgelenk die Kontaktfläche der Gelenskpartner durch eine komplexe Korrektur des Pfannendaches am Beckenknochen (Beckenosteotomie nach Ganz) korrigiert werden. Durch diese Maßnahme kann die sonst immer auftretende Früharthrose aufgehalten werden. Die ansonsten bereits in jungen Jahren notwendige Hüftprothesen-Implantation kann damit oft um viele Jahre aufgehalten bzw verschoben werden.

Morbus Perthes
Der Morbus Perthes ist eine Hüfterkrankung von Kindern, die meistens zwischen 6. bis 10. Lebensjahr auftritt. Es handelt sich um eine Erkrankung des Hüftkopfes, bei der es zu einem knorpeligen Umbau und Entkalkung desselben kommt. Durch die dadurch bedingt verminderte Festigkeit kommt es zu Verformungen des Hüftkopfes und zu einer überschießenden Knorpelproduktion, die zu einer deutlichen Vergrößerung des Hüftkopfes zusätzlich führt. Die Erkrankung betrifft in überwiegender Zahl Jungen und tritt mit einer Häufigkeit von 1:5.000 Kinder auf. Ein beidseitiger M. Perthes ist selten.
Der Verlauf der Erkrankung dauert normalerweise ca. 2 – 4 Jahre. Das typische Symptom sind Knieschmerzen und ein hinkende Gangbild mit reduzierter Beweglichkeit des betroffenen Hüftgelenkes.
Die Krankheit wird normalerweise mittels Röntgenbilddiagnostik gestellt. Im frühen Stadium ist dies manchmal nicht möglich. Hier kann eine Kernspintomografie (NMR oder auch MRT genannt) der Hüften notwendig werden.
Die Therapie wird individuell angepasst und kann durchaus unterschiedlich ausfallen. Sie ist von mehreren Faktoren abhängig, v.a. vom Lebensalter des Kindes, von der Beweglichkeit der Hüfte sowie von der Größe des betroffenen Hüftkopfanteiles. Gelegentlich genügt es, insbesondere bei kleinen Kindern, die betroffene Hüfte zu entlasten bzw. starke Belastungen (z.B. Hüpfen und Springen) zu vermeiden. Normalerweise sind physiotherapeutische Maßnahmen zur Verbesserung der Gelenksbeweglichkeit nötig.

Oft ist nur mittels operativer Maßnahmen eine zielführende Therapie möglich. Ziel der Behandlung ist es auf jeden Fall, die Beweglichkeit der Hüfte so gut wie möglich zu erhalten bzw zu verbessern. Um dies zu gewährleisten, muß der Hüftkopf „in“ die Hüftpfanne geschwenkt (Korrektur am Oberschenkelknochen) bzw oder zusätzlich die Pfanne über den Hüftkopf (Korrektur am Beckenknochen) gestellt werden. Dadurch „formt“ sich der weiche Hüftkopf an der gesunden und runden Hüftpfanne. Die Kinder sollten dann für ca 6 Wochen mit Unterarmgehkrücken gehen. Eine begleitende Physiotherapie ist normalerweise notwendig bzw zu empfehlen.
In jedem Fall sind engmaschige Röntgenkontrollen beim Spezialisten notwendig, um frühzeitig Veränderungen in die eine oder andere Richtung zu entdecken und um diese Veränderungen richtig einordnen zu können, damit ein möglichst gutes klinisches Ergebnis resultiert.
Hüftkopfabrutsch (Epiphysiolysis capitis femoris)
Der Hüftkopfabrutsch ist die dritte häufige Hüfterkrankung bei Kindern bzw Jugendlichen. Diese Erkrankung tritt üblicherweise im vorpubertären Alter auf. Die Ursache liegt vermutlich in einer verminderten Festigkeit der Bandstrukturen der Wachstumsfuge, die im Rahmen des pubertären Wachstums und durch eine Mehrbelastung (Übergewicht, Sporttrauma) einen Abrutsch des Hüftkopfes nach innen und hinten führen kann. Oft besteht ein schleichender Beginn mit akuter Verschlechterung, die häufig zu einer akuten Gehunfähigkeit und einer massiven Bewegungseinschränkung der Hüfte führen.

Die Erkrankung tritt in ca 45% beidseitig auf (häufig leicht zeitversetzt). Die Therapie hängt vom Schweregrad der Erkrankung ab und es sollte immer ein Kinderorthopäde die Therapiestrategie festlegen und durchführen, da dies einer großen Erfahrung bedarf. Ziel der Therapie ist es, die Paßform der zwei Gelenkspartner (Pfanne und Hüftkopf) wieder herzustellen, da ansonsten schwere Hüftgelenksabnützungen innerhalb weniger Jahre zu erwarten sind. Bei Unterkorrektur ist ebenfalls mit einem problematischen Verlauf zu rechnen.

Üblicherweise muß ab einem Abrutschen von mehr als 20° eine hüftgelenksnahe Schenkelhals-Osteotomie notwendig. Die Fixierung erfolgt dabei mittels zweier Schrauben. Üblicherweise wird, da die Erkrankung häufig versetzt auch auf der Gegenseite auftritt, diese über eine perkutan eingebrache (nur über eine Stichinzision von ca 1 cm Länge) Schraube fixiert. Die Nachsorge erfolgt mittels Unterarmstützkrücken und physiotherapeutischer Gelenksmobilisierung. Um den Hüftkopf druckentlasten zu können, ist häufig eine Vollentlastung von ca 6 Wochen und für weitere 6 Wochen eine Teilbelastung mittels 4-Punkt-Gang notwendig.